Der Rahmen für die Planung: Der B-Plan

 „Der Bebauungsplan unterliegt mit seinen Inhalten und dem durchzuführenden Aufstellungsverfahren gesetzlichen Vorgaben, die einzuhalten sind. Die konkrete Bau- und Gebäudeplanung kann zwar zeitgleich bearbeitet, jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt der Genehmigungsbehörde vorgelegt werden“, sagt Diplom Ingenieurin Sonja Rühling, Geschäftsführerin von pwf Fahrmeier Rühling Partnerschaft mbB, einem Planungsbüro für Landschaftsarchitektur und Städtebauarchitektur in Kassel. Schon vor 30 Jahren begann sich Sonja Rühling auf die Erstellung solcher Pläne und die Durchführung der erforderlichen Verfahren zu spezialisieren.

Im Bebauungsplan werde zum Beispiel festgelegt, dass die Errichtung von Wohngebäuden zulässig ist, nicht aber welche Art des Wohnens darin stattzufinden hat, erläutert Rühling. Vielmehr geht es nach ihren Worten darum, städtebauliche Rahmenbedingungen festzulegen, wo auf einem Areal Bauwerke in welcher Größe, in welcher Breite und Höhe, errichtet werden dürfen, wo Verkehrs- und wo Freiflächen entstehen können, und wie die unterschiedlichen Interessen in Einklang gebracht werden. Es gehe um Bebauung, Erschließung und Freiflächen. Aber auch um Belange des Arten- und des Denkmalschutzes: Brauchen wir Nistkästen für bestimmte Vögel? Verlieren Fledermäuse ihre Schlafplätze, und wo finden sie neue? Harmonieren die neue und die historische Bebauung miteinander?

"Konkret heißt das, ein Bebauungsplan gibt vor, wie ein Gebiet zu erschließen ist und Grundstücke bebaut werden dürfen. Es handelt sich um planungsrechtliche Rahmenvorgaben, um ein Gebiet städtebaulich zu entwickeln. Zum Beispiel wird festgesetzt, ob ein Bereich über eine öffentliche oder private Straße erschlossen wird, wie viel Grundstücksfläche mit Gebäuden überbaut werden darf und wie viel Fläche zum Beispiel als Gartenflächen freizuhalten sind“, sagt Sonja Rühling. Die zulässige Nutzung innerhalb eines Gebietes werde über die Art des Baugebietes – wie Wohn- oder Gewerbegebiet – bestimmt. Dies sei in der Baunutzungsverordnung vorgegeben.

„Mit der Aufstellung des Bebauungsplans soll sichergestellt werden, dass das Projekt im Einklang mit den Belangen der Gemeinde und ihrer Bürger/-innen, der Fachbehörden wie etwa des Denkmal- und Naturschutzes sowie auch mit den Belangen von Vitos nachhaltig gelingt“, sagt Sonja Rühling.

Ein Bebauungsplan, erläutert die Städtebauarchitektin, sei eine Ortssatzung der Gemeinde und damit für alle, also für Behörden, Gemeinde und Öffentlichkeit, verbindlich. Das Verfahren, in dem der Plan aufzustellen sei, sei im Baugesetzbuch geregelt. Das Regelverfahren beanspruche – abhängig vom Vorhaben und von gemeindlichen Sitzungsterminen - 1,5 bis 2 Jahre, denn es erfordere zwei Beteiligungsrunden zum einen mit der Öffentlichkeit (= den Bürger/-innen) und zum anderen mit den durch die Planung betroffenen Behörden sowie den Trägern öffentlicher Belange (TÖB). Das seien zum Beispiel Fachämter wie die Naturschutz- und Denkmalschutzbehörden oder Leitungsträger wie die Stromversorger. In solchen Beteiligungsrunden seien häufig 30 bis 34 TÖB zu hören.

Die Gemeinde Guxhagen entscheidet über den gesamten Prozess. Zunächst fasst sie den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan, durch den das formale Verfahren in Gang gesetzt wird. Damit sind, in getrennten teils öffentlichen Sitzungen, der Gemeindevorstand, der Bauausschuss und die Gemeindevertretung befasst. Haben alle zugestimmt, wird der Beschluss publik gemacht. Die Gemeinde entscheidet auch, ob es ein beschleunigtes Verfahren gibt oder ein Regelverfahren. Um das Projekt „Leben im Klostergarten“ auf den Weg zu bringen, entschied sich die Gemeinde für das „beschleunigte Verfahren“, in dem nur eine Beteiligungsrunde jeweils für die Öffentlichkeit und für die TÖB vorgesehen ist. „Dieses Verfahren, das nur bei Vorliegen von vom Gesetzesgeber genannten Voraussetzungen durchgeführt werden kann,  beansprucht etwa  neun bis achtzehn Monate“, sagt Sonja Rühling. Die Dauer hänge vom Planungsvorhaben und von den Sitzungsterminen der kommunalen Gremien ab, die jährlich festgelegt sind.  

Schließlich wird die „Durchführung der Verfahrensschritte“ an ein Planungsbüro übertragen. Die Kosten für die Bearbeitung des Bebauungsplanes, für die Verfahrensdurchführung sowie auch die Kosten für eventuell vorzulegende Gutachten trägt der Eigentümer des Areals, der in diesem Falle die Vitos Kurhessen ist. Mit der Bearbeitung des Bebauungsplanes und der Durchführung des Verfahrens hat Vitos Kurhessen das Kasseler Planungsbüro pwf beauftragt.

„Ich erstelle nun schon seit 30 Jahren Bebauungspläne in einem Umkreis von etwa 100 Kilometern rund um Kassel. Wenn ich das Verfahren schildere, mag die Materie trocken sein, aber es ist immer wieder ein spannender Prozess, und man lernt nie aus“, sagt die Planerin, denn im Verfahren könnten immer neue Themen auftauchen. Wenn alles gut laufe, könne der Bebauungsplan noch in diesem Jahr beschlossen sein. Doch dafür gebe es keine Garantie. Wie sich an der Corona-Krise schon zeige, seien „verfahrens- und bearbeitungsverzögernde Ereignisse nicht unvorhersehbar“.

Die Aufstellung des Bebauungsplans erläutert Sonja Rühling:

Der Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans ist der erste von neun Schritten in dem komplexen Verfahren. Er kann – abhängig von den Gremienterminen - bis zu zwei Monate beanspruchen.

Im weiteren Verfahren erfolgt durch pwf die Grundlagenermittlung (z.B. Vorgaben im Regionalplan, Flächennutzungsplan der Gemeinde, Vorliegen von Schutzobjekten Naturschutz, Denkmalschutz u.a.) sowie die Ausarbeitung von Varianten, die nach Abstimmung mit Vitos und der Gemeinde in den Vorentwurf des Bebauungsplanes münden.

Zeitgleich wird durch einen Biologen das Gebiet bzgl. des Vorkommens geschützter Tierarten untersucht; das Ergebnis samt ggfs. erforderlicher Maßnahmen wird im Artenschutzbeitrag schriftlich dargelegt und dem Bebauungsplan beigefügt. Die Auswertung der Grundlagenermittlung, die Erstellung von Varianten und die Ausarbeitung des Bebauungsplan-Vorentwurfes mit seiner Begründung und dem Artenschutzbeitrag sowie die Durchführung des komplexen Abstimmungsprozesses beansprucht etwa zwei bis drei Monate.

Danach wird der Bebauungsplan-Vorentwurf mit seiner Begründung und dem Artenschutzbeitrag den TÖB (Träger öffentlicher Belange) vorgelegt. Diese müssen innerhalb einer Monatsfrist mitteilen, ob sie - ihre Belange betreffend - Hinweise, Anregungen oder Bedenken zu der Planung vorzubringen haben. Diese Stellungnahmen werden bei PWF gesammelt, schriftlich ausgewertet (Abwägung) und der Gemeinde zur Abstimmung vorgelegt. Auf der Grundlage dessen wird der Bebauungsplan-Entwurf erstellt und zusammen mit der Abwägung den kommunalen Gremien (Gemeindevorstand, Bauausschuss, Gemeindevertretung) zur Beschlussfassung (Abwägungs- und Offenlagebeschluss) vorgelegt. Zu diesem Zeitpunkt ist der Bebauungsplan schon konkreter, da nun die Belange der Fachbehörden, der TÖB, der Gemeinde sowie von Vitos eingearbeitet wurden. Diese Bearbeitungs- und Abstimmungsschritte können wiederum bis zu zwei Monate dauern.

Infolge des in den Sitzungen der Gremien gefassten Offenlagebeschlusses (dieser Gremienlauf bedarf je nach Sitzungsterminen etwa ein bis zwei Monate) wird der Bebauungsplan-Entwurf samt Begründung und Artenschutzbeitrag zur Beteiligung der Öffentlichkeit in den Räumen der Gemeindeverwaltung für einen Monat öffentlich ausgelegt sowie auf die Homepage der Gemeinde eingestellt, so dass jede Person innerhalb der Monatsfrist ebenfalls Stellung zu dem Planungsvorhaben abgeben kann. Die Fristen der Beteiligung sind vom Gesetzgeber vorgegeben und damit einzuhalten. Nach Ende der Offenlagefrist werden die Stellungnahmen der Bürger/-innen wieder von PWF gesammelt, schriftlich ausgewertet (Abwägung) und der Gemeinde zur Abstimmung vorgelegt. Auf dieser Grundlage wird der Rechtsplan des Bebauungsplanes, also dessen finale Stand, erarbeitet und in den kommunalen Gremiensitzung (Gemeindevorstand, Bauausschuss, Gemeindevertretung) als Satzung beschlossen. Diese Bearbeitungs- und Beschlussschritte nehmen etwa drei bis vier Monate in Anspruch.

Abschließend wird der Satzungsbeschluss in der Zeitung / im Ortsblatt bekannt gegeben. Mit dieser Bekanntmachung erlangt der Bebauungsplan Rechtskraft.


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