Frohe Ostern

Wir wünschen Ihnen - trotz der Corona Krise - schöne Osterfeiertage. Ein Interview, das wir im letzten Sommer zum Tag der offenen Tür mit Sabine Heinemann geführt haben, passt zu diesem tollen Frühlingswetter und macht Hoffnung auf bessere Tage.

„In Guxhagen bewegt sich viel, und die Öffnung der Klostergärten mit einer faszinierenden Bebauung, die alle Menschen und die gesamte Geschichte dieses Ortes inkludiert, wird eine weitere Veränderung sein, die uns offen macht.“ Das sagt Sabine Heinemann, Mitarbeiterin der Stadtverwaltung Kassel und seit zwanzig Jahren Bürgerin der Gemeinde Guxhagen.

„Die Breitenau“, sagt Sabine Heinemann, „ist ambivalent“. Einerseits gebe es das hier und heute. Sie stellt es fest, indem sie sich umschaut: Der Spätsommer ist noch heiß, aber sein Licht schon mild, das durch das alles überwölbende Blattwerk der alten Bäume fällt, die nur vom Westwerk der bald 1000 Jahre alten romanischen Basilika überragt werden. Im Schatten des Parks sitzen an diesem 30. August 2019 die Besucher des Tags der Offenen Tür, die sich über das künftige Wohnen und Leben in der Klostergärten informieren wollen, an langen Tischen in Gesprächen beisammen. 

„Andererseits“, holt Sabine Heinemann ihr Gegenüber in eine andere Wirklichkeit desselben Ortes zurück, „ist es die Geschichte, die dieser Ort in sich trägt“. Sabine Heinemann meint damit nicht die ursprüngliche, mehr als 400 Jahre währende Geschichte jenes  Benediktinerklosters, das die Mönche im Jahr 1113 auf der Breitenau gegründet hatten, und das bis zur Reformation ein Ort des ora et labora, des Betens und Arbeitens, der Kultur, der Bildung und der wirtschaftlichen Regsamkeit war, der weit in die Region ausstrahlte. Für viele in Nordhessen ist dieser Anfang der Klosters, der fast ein halbes Jahrtausend währte, vergessen. Erst Professor Berthold Penkhues als Vorsitzender des Preisgerichts lenkt den Blick der Zuhörer in die Anfänge des Klosters zurück, als er am Tag der Offenen Tür in die  Geschichte und Geistesgeschichte dieses Ortes des gemeinschaftlichen Lebens einführt: Das Kloster auf der Breitenau zähle zu den herausragenden Klosterbauten nördlich der Alpen.

Berthold Penkhues spricht von der Besonderheit und Aura des Ortes, die beide geprägt seien durch das Bewusstsein der Menschen, die sich für das Leben an diesem Ort entschieden haben, - von den Zeitschichten dieses Ortes, der Lernort sei und die Taten der NS-Zeit nicht vergessen mache, - vom genius loci der Breitenau, in dem sich Inklusion glaubhaft vermitteln lasse, - und vom „Geheimnisvollen“ des Ortes, das nicht durch „Bauspekulation“ zerstört werden dürfe.

Mit der „Geschichte, die der Ort in sich trägt“, meint Sabine Heinemann die Nutzung als KZ in der Zeit des Nationalsozialismus, und „hauptsächlich die Kirche und die Bewohner“. Die Bewohner sind die Klienten der Vitos Kurhessen, die wegen einer psychischen Einschränkung oder Behinderung hier leben. „Die Bewohner empfinde ich als Bereicherung“, sagt Sabine Heinemann als Bürgerin von Guxhagen: „Die haben häufig gute Laune, sind freundlich und zugewandt. Deswegen bin ich froh, wenn wir jetzt mit der Öffnung der Klostergärten für Bewohner ohne Behinderung noch einen Schritt weitergehen. Wir werden das Miteinander leben. Wir sind dann Nachbarn. Und wenn die Nicht-Behinderten hier leben, dann wird das eine Sogwirkung entfalten. Das wird unseren Alltag verändern. Es sind schon viele, die sich mit dem Gedanken, in den Klostergärten zu wohnen, auseinandersetzen. Die Diskussion ist angestoßen“, sagt Sabine Heinemann, richtet sich auf, blickt sich im Klostergarten vor der Basilika um und fasst, was sie sieht, in Worte: Ein idyllisches Ambiente“. Doch sogleich schließt sie die Augen, um nachzudenken und sich zu korrigieren: „Nein, es ist ein harmonischer Ort. Und das ist mehr als eine Mode.“


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